Keyboard kaufen...
Kaum ein Instrument hat im Laufe der letzten zwanzig Jahre eine so
große Wandlung erfahren wie das Keyboard. Ursprünglich
Sammelbegriff für sämtliche Tasteninstrumente, bezeichnet der
Begriff Keyboard jetzt ein elektronisches Tasteninstrument, welches mit
einer Fülle einstellbarer Klangfarben (Sounds) und Begleitrhythmen
(Styles) daherkommt. Doch auch das ist nur die halbe Wahrheit. Was ist
denn mit Synthesizern? Samplern? Workstations? Sind das nicht auch
Keyboards? Natürlich – auch sie gehören zur Familie der
Keyboards (genau genommen gehören Synthesizer nicht zu den
Keyboards, da diesen erst durch Bob Moog eine Tastatur hinzugefügt
wurde). Im Sprachgebrauch hat sich jedoch eine eigentümliche
Teilung vollzogen: Parallel zu den schon länger existierenden
Synthesizern (hier sei an die großen analogen Schlachtschiffe der
Firmen Moog, PPG, Oberheim, Roland etc. erinnert) entwickelte sich in
den 80er-Jahren der Trend zu kompakten
„Allround-Geräten“, die neben Preset-Klangfarben
über verschiedene Preset-Begleitrhythmen verfügten. Diese
Geräte wurden von den Herstellern auch oft, wahrscheinlich in
Anlehnung an die sehr populären „Personal-Computer“,
„Personal-Keyboards“ oder „Home-Keyboards“
genannt. Im Vergleich zu den Synthesizern waren sie erschwinglich,
leicht zu bedienen und boten durch die Begleitautomatik einen hohen
musikalischen Reiz. Blockflöte und Melodika hatten nun als
Hausinstrument ausgedient, und auch die Heimorgel, die bis dahin noch
ein beliebtes Instrument war, musste gegen den Siegeszug der
Personal-Keyboards kapitulieren. Jeder bekannte Keyboard-Hersteller
hatte von nun an eine eigene Personal-Keyboard-Serie im Programm, und
bereits nach kurzer Zeit eroberten die Keyboards die Kaufhäuser.
Viele erinnern sich noch an die Zeit, als in Kaufhäusern wie
Karstadt oder Hertie Heimorgeln verkauft wurden und junge
Musikstudenten zu Weihnachten die Instrumente vorgeführt haben.
Von nun an gab es dort nicht mehr nur Taschenrechner von CASIO, sondern
eben auch Keyboards. Einige dieser urigen Geräte besagter Firma
durften sogar im Fernsehen auftreten, landete doch die Gruppe TRIO
ausgerechnet mit einem solchen Gerät ihren wohl größten
Hit: „Da da da (Du liebst mich nicht, ich lieb Dich
nicht)“. Vielleicht erinnern Sie sich an das kleine Gerät,
welches Stephan Remmler stets bei sich trug? Das von ihm verwendete
CASIO VL-1 lieferte damals den Percussion-Loop, welcher dem Schlagzeug
unterlegt war („Rock-1“. Hörbeispiel unter:
http://www.stephan-remmler.de/Trio/sonstiges/Casio.wav). Außerdem
war das CASIO VL-1 zugleich auch ein Taschenrechner. Wer hätte das
gedacht ...?!
General MIDI befiehlt ...
Im Zuge der Digitaltechnik wurden die anfangs noch spärlich
ausgestatteten Geräte immer komplexer: mehr Klangfarben, mehr
Rhythmen und Programmiermöglichkeiten. Die Firmen CASIO, YAMAHA,
ROLAND buhlten um die Käufer und nannten ihre Keyboards
„Arranger-Keyboard“ oder „Intelligent
Keyboard“. Die Firma TECHNICS sprach insbesondere die
Alleinunterhalter an. Das KN800 war das erste Keyboard, bei welchem ein
Diskettenlaufwerk nachgerüstet werden konnte, um eigene Daten zu
speichern oder professionell erstellte Begleitrhythmen (die jetzt
Styles genannt wurden) oder ganze Songs nachzuladen. Der
General-MIDI-Standard (GM) und später auch seine Erweiterungen (XG
bei Yamaha, GS bei Roland) schufen eine ganze Industrie: käuflich
zu erwerbende MIDI-Files aktueller Top-Hits und Oldies, die sich auf
jedem Gerät, welches diesen Standard unterstützt, abspielen
lassen und (nahezu) gleich klingen. Dies wird dadurch erreicht, dass
für 128 Klangfarben genau festgelegt sind, wie diese zu sortieren
sind und wie sie in etwa zu klingen haben. So befindet sich nach dem
GM-Standard zum Beispiel das „Acoustic Grand Piano“ immer
auf Programmwechselnummer 0, die Flöte auf der 74, die Trompete
auf der 57. Außerdem ist die Verteilung der Schlagzeug-Sounds auf
die MIDI-Notennummern normiert. Vorher gingen die Hersteller gerade in
Bezug auf die Schlagzeug-Sounds eigene Wege, und es war sehr
mühselig, ein MIDI-File für das eigene Gerät anzupassen.
Weiterhin wurde der MIDI-Kanal 10 nach dem General-MIDI-Standard
für das Schlagzeug reserviert, die Geräte müssen
mindestens 24-stimmig polyphon spielbar sein und auf allen 16
MIDI-Kanälen empfangen können. Heute entsprechen eigentlich
die meisten Geräte dem GM-Standard oder einer seiner Derivate, zu
erkennen durch das jeweilige Logo, welches auf das Gerät
aufgedruckt ist.
Die Beliebtheit des „Volksin-struments“ Keyboard ist
ungebrochen. Gerade Kinder sind von den vielen verschiedenen
Klangfarben und den Rhythmen der Begleitautomatik fasziniert. Durch die
Möglichkeit, mithilfe der Begleitautomatik mit nur ein oder zwei
Fingern komplette Akkordfiguren zu spielen und das Keyboard dazu eine
komplexe Begleitung mit Schlagzeug, Percussion, Bass, Gitarre etc.
generieren zu lassen, bietet sich das Keyboard als Instrument für
den Musikunterricht an Schulen an. Ohne großen Aufwand
können schnell Songs mit rechter und linker Hand gespielt werden,
die durch die Spielhilfen des Keyboards auf Anhieb professionell
klingen und den Schülern Spaß machen. Auch als Instrument
für das Klassenmusizieren ist das Keyboard sehr gut geeignet, weil
durch die Möglichkeit, an jedem Instrument eine eigene Klangfarbe
einzustellen, ein Orchester oder eine Band simuliert werden kann. Auch
dann, wenn alle Schüler dieselbe Stimme spielen.
Yamaha, Roland, Casio
... sind die drei bekanntesten Hersteller günstiger
Einsteiger-Keyboards, die auch für den Musikunterricht geeignet
sind. Für welchen Hersteller man sich entscheidet, ist eigentlich
eher Frage des persönlichen Geschmacks. Im unteren Preissegment
unterscheiden sich die Instrumente kaum oder allenfalls in kleinen
Details. Da Yamaha ein eigenes Keyboard-Konzept für das
Klassenmusizieren vertreibt, sind die günstigen Yamaha-Keyboards
der PSR-Serie in vielen Schulen und Musikschulen anzutreffen. So bietet
das kleinste Modell der aktuellen Serie, das Yamaha PSR E213 bereits
375 Klangfarben, die nach Yamahas XG-Standard, einem
General-MIDI-Derivat, sortiert sind. Mit 100 Begleitrhythmen und 102
fest installierten Demo-Songs bieten sich bereits viele
Möglichkeiten für den kreativen Einsatz im Musikunterricht.
Die 61 normalgroßen Tasten sind nicht anschlagdynamisch, was
für den Musikunterricht von Vorteil sein kann, weil Schüler
noch nicht so eine gute Kontrolle über den Anschlag haben und
selten ein Instrument zum Üben zuhause zur Verfügung steht.
Wenn ein Instrument neu angeschafft wird, sollte deshalb darauf
geachtet werden, dass die Anschlagdynamik am Gerät ausschaltbar
ist. Über so genannte Onetouch-Settings wählt das Keyboard
automatisch zu jedem eingestellten Style die passende Klangfarbe. Das
größere Schwestermodell PSR E313 verfügt über noch
mehr Sounds, mehr Styles und darüber hinaus über eine
anschlagdynamische Tastatur. Die Tastatur verfügt über einen
Split-Punkt, es können also pro Tastaturzone unterschiedliche
Sounds, z. B. für die rechte und linke Hand eingestellt werden.
Über die Dual-Funktion sind zwei Sounds gleichzeitig spielbar. Das
größte Gerät der PSR E-Serie ist das PSR E403. Neben
weiteren Klangfarben und Styles besitzt es einen USB-Anschluss, um
weitere Styles und Songs von einem PC auf das Gerät zu
übertragen.
Das ROLAND E-09 ist ebenfalls ein Einsteigermodell. Es bietet mit
seiner 64-stimmigen Polyphonie doppelt so viele Stimmen wie die
Yamaha-Modelle der PSR E-Serie. Schon das kleinste Modell, welches
allerdings auch wesentlich teurer ist als ein Yamaha PSR E213, kommt
mit 800 Sounds daher. Weiterhin gehört ein 16-Spur- Sequencer zum
Lieferumfang. Wir haben es hier also bereits mit einer kleinen
Workstation zu tun. Mit 47 Multieffekten können die Sounds
veredelt werden (zum Vergleich: 9 Effekte beim kleinsten Yamaha
Modell). 130 Styles bieten sich als Begleitung des eigenen Spiels an
und decken alle wesentlichen Musikstile ab. Die Begleitautomatik
unterscheidet zwischen den Funktionen „Drum & Bass“,
„Combo“ und „Full Band“ und passt sich somit
dem eigenen Spiel an, von der einfachen Schlagzeug- und Bass-Begleitung
hin zur komplexen Begleitung einer Band. Gerade für den Unterricht
mit einer Schulklasse ist das eine tolle Funktion, weil so einzelne
Begleitinstrumente einfach von anderen Schülern an ihren
Instrumenten übernommen werden können und trotzdem auf die
Begleitautomatik nicht komplett verzichtet werden muss. Die vielen
Sequencer-Funktionen unterstützen das Üben perfekt, indem
Marker gesetzt werden können, die dann direkt anspringbar sind
oder über welche die zu übende Passage immer und immer wieder
wiederholt werden kann. Ein kleines, aber für den Unterricht im
Klassenverband äußerst nützliches und wichtiges Detail
sind aber die zwei (!) Kopfhöreranschlüsse: Keine wackeligen
und störanfälligen Adapterlösungen mehr im Keyboardraum.
Einfach zwei Kopfhörer direkt am Instrument anschließen und
zu zweit an einem Instrument üben – da hat ein Hersteller
mitgedacht. Im direkten Vergleich schlägt das Roland-Instrument
die Yamaha-Instrumente um Längen. Mit einem fast dreimal
höheren Preis, ein Yamaha PSR E213 kostet gerade mal rund 150 Euro
im Vergleich zu 450 Euro für ein Roland E-09, ist es aber auch ein
Vielfaches teurer, was bei der Komplettausstattung eines Musikraumes
mit Keyboards schon einen großen Unterschied macht.
Einen guten Mittelweg zwischen den billigen Yamaha-Modellen und den
weitaus teureren und professionelleren Roland-Modellen bieten die
Keyboards der Firma CASIO. Besonders beliebt sind die
Leuchttasten-Modelle, bei denen die Tasten, die vom Schüler
gedrückt werden müssen, im richtigen Moment rot aufleuchten.
Genannt sei hier z. B. das CASIO LK-300 TV, welches sogar an einen
Fernseher für die eigene Karaoke-Show angeschlossen werden kann.
Klanglich kann es zwar nicht mit einem Roland E-09 mithalten, bietet
dafür aber viele Sounds und Styles sowie die Möglichkeit,
eigene Songs über den SD-Karten-Slot nachzuladen. So kann der
Lehrer bequem zuhause den Song für den Unterricht als MIDI-File
vorbereiten und dann auf die einzelnen Instrumente im Klassenraum
laden. Leider gibt es an den CASIO Keyboards nur einen
Kopfhöreranschluss – man kann nicht alles haben. Für
rund 300 Euro bekommt man viel fürs Geld.
Wer die Wahl hat ...
... und das nötige Kleingeld, sollte ruhig mal einen Abstecher
zum Musikhändler seines Vertrauens machen und die Roland- und
Casio-Keyboards in Augenschein nehmen. Sie stellen eine ernstzunehmende
Alternative zu den sonst oft verwendeten Yamaha Keyboards dar. Die
Roland-Geräte machen auch in einer Schulband eine gute Figur und
sind professionell verarbeitet. Yamaha bleibt preislich jedoch nach wie
vor ungeschlagen. Wenn nur diese „DJ“-Taste nicht wäre
...
Aufbau und Verkabelung
Noch ein Wort zur Stromverkabelung: Einzelne Steckernetzteile sind
immer im Weg, rutschen aus der Steckdose, sind Stolperfallen. Eine
professionelle Komplettverkabelung der Keyboards über ein
ausreichend dimensioniertes Zentralnetzteil schafft auf die Dauer
Ordnung im Musikraum. Stehen die Keyboardtische in U-Form aufgebaut,
kann man mit einem Strang alle Geräte mit Strom versorgen und das
Stromkabel in einem Kabelkanal verschwinden lassen. Sprechen Sie doch
mal mit Ihrem Händler über eine Custom-Lösung für
den Musikraum. Dringend abzuraten ist von Keyboardständern
für die Ausstattung von Keyboard-Räumen. Die üblichen
Stative bieten kaum eine Möglichkeit der Kabelführung. Weil
die meisten Keyboards zudem sehr leicht sind (Plastikgehäuse),
rutschen sie auf den Stativen hin und her und werden leicht durch einen
kleinen Stoß auf den Boden befördert. Alte Schultische, am
besten sogar mit Ablagefach darunter, bieten eine sichere
Möglichkeit, die Keyboards aufzustellen und zudem genügend
Platz für Zubehör, Staubschutzhülle, Kabelkanal etc. Oft
gammeln die Tische noch irgendwo im Keller der Schule vor sich hin. Ein
Gespräch mit dem Hausmeister bringt schnell Klarheit und spart
viel Geld für die Anschaffung von Keyboardständern.
Kopfhörer
Ein offensichtlich großes Problem stellen die Kopfhörer bei der Ausstattung von Keyboardräumen dar. Zu kurze Kabel, Wackelkontakte oder Verschmutzungen stören den Unterricht und zerren an den Nerven von Schülern und Lehrer. Die Mädchen sind zu eitel, weil das Aufsetzen der großen Kopfhörer die Frisur zerstört, die Jungs hingegen empfinden sich als „cool“ und spielen DJ. In der Praxis hat sich gezeigt, dass die meisten Schüler über eigene Kopfhörer für ihre iPods oder andere MP3-Player verfügen. Mit einem Satz Adaptern von 3,5 mm Miniklinke auf 6,3 mm Klinke kann man auch die Schülerkopfhörer an die Keyboards anschließen. In Geschäften mit Billigartikeln werden auch immer mal wieder Kopfhörer für 1 Euro angeboten, die man für wenig Geld für die Schule anschaffen kann. Hat ein Schüler mal seinen Kopfhörer vergessen, bekommt er einen Leihkopfhörer. Damit dieser nicht später vom Lehrer von Verschmutzungen befreit werden muss, nutzt man einfach billige Ohrpolster, die über die Hörer gezogen werden. Diese sind ebenso als Pfennigartikel bei Kaufhäusern und Elektronikmärkten erhältlich. Vielleicht können die Ohrhörer auch einfach den Schülern verkauft werden. Sie erhalten dann ein Namensschild und verbleiben für die Dauer der Unterrichtsreihe in der Schule. Am Ende der Reihe dürfen die Schüler dann die Ohrhörer mit nach Hause nehmen und können sie für ihre eigenen Geräte weiter verwenden. An meiner Schule hat sich die Vorgehensweise, die Verwendung eigener Kopfhörer zuzulassen, bewährt. Walkman-Kopfhörer haben zudem den Vorteil, dass auch ohne Y-Adapter zwei Schüler mit jeweils einem Ohrhörer zusammen an einem Keyboard spielen können. Soll dennoch mit zwei Kopfhörern an einem Keyboard gearbeitet werden, bieten sich günstige Kopfhörerverstärker als Alternative zu Y-Adaptern an. Der Behringer HA 400 versorgt bis zu vier Kopfhörer, die jeweils getrennt in ihrer Lautstärke regelbar sind.